Munich | Bucharest

New Space – der europäische Weg – ein Weg durch und für KMU


Juni 2016

Interview HPS-SpaceNews mit Dr. Ernst Pfeiffer, CEO von HPS und Sprecher der deutschen Raumfahrt-KMU im AKRK

Space-News:

In den letzten Wochen und Monaten haben Sie als Sprecher der deutschen Raumfahrt-KMU einen Marathon der Veranstaltungen in Vorbereitung der ESA-Ministerratskonferenz absolviert. Kam diese plötzliche Berücksichtigung der Raumfahrt-KMU durch die Institutionen für Sie überraschend?

Pfeiffer:

Keineswegs. Zum einen haben wir in den vergangenen Jahren sehr stark drauf hingearbeitet, dass unser AKRK-Zusammenschluss der rund 40 von insgesamt 90 Raumfahrt-KMU mit ca. 1500 von insgesamt 2500 Beschäftigten in Deutschland endlich als einziger unabhängiger Ansprechpartner des Mittelstandes zur Kenntnis genommen wird. Und sicher hat auch unsere kumulierte Darstellung von Kompetenz, Wirtschafts- und Innovationskraft in der kürzlich vorgestellten Website „Best-of-Space.de“ dazu beigetragen. Wir sind in der Tat auf Augenhöhe mit den Großen der Branche von ESA und deutschem Wirtschaftsministerium berücksichtigt worden. Das galt zwar schon zum High Level Forum der ESA im Juni letzten Jahres, startete aber dieses Jahr intensiv mit einem Vortrag über das Technologieprogramm vor den ESA-Delegierten am 9. Mai, ging über ein Top Level Gespräch über die ESA Strategie zwischen ca. 10 CEOs der europäischen Raumfahrtfirmen und ESA-Generaldirektor Herrn Wörner mit allen seinen Direktoratschefs am 12. Mai, weiter zur Panelveranstaltung „New Space“ am 2. Juni auf den Space Days der ILA in Berlin und schließlich zum diesjährigen High Level Forum der ESA am 20. Juni auf dem ich im Panel über „Next Steps for ESA“ eingeladen bin.

Space-News:

Alle reden von „new space“ ….

Pfeiffer:

Genau, alle reden über „new space“ – und meinen in Ermangelung eines europäischen Weges den amerikanischen, der da lautet: „machen, was finanzkräftige Quellen haben wollen“ und „mit privatem Risiko finanzieren, und wenn es schief geht werde ich auch nicht arm woran man selber glaubt“

„Masse über Klasse stellen und dabei Qualitätsverluste in Kauf nehmen, solange sie sich zumindest kurzfristig rechnen“.

Space-News:

Ist das auch der europäische Weg?

Pfeiffer:

Niemand in Europa wird das unterschreiben. Zum einen, weil es diese finanzkräftigen Unternehmen in D und EU nicht gibt, ebenso wenig wie die Risikofinanzierer und schon gar nicht die Mentalität, nicht nachhaltiges Billiges zu bauen, dabei Qualität zu opfern und Folgekosten (Schrott etc) für kommende Generationen ohne Ansicht der Dimension in Kauf zu nehmen.

Abgesehen davon, ist es ein gewaltiges Risiko, sich darauf zu verlassen, dass schon genügend reiche Unternehmen aus den USA auf Ideen kommen, wie sie denn durchgehend die Raumfahrtindustrie in Europa beschäftigt halten können.

Space-News:

New Space in diesem amerikanischen Sinne ist also weder europäisch, noch ist es geeignet, gerade KMU eine Perspektive zu geben?

Pfeiffer:

New Space europäischer Machart wäre das Ergebnis auch europäischen Vorgehens und Denkens. Und da haben wir eine Menge aufzuweisen. Wir machen nicht einfach mal eben so etwas, weil es vielleicht hier oder da kurzfristig Gewinn bringt – wir machen überhaupt nichts nur nach dem reinen Prinzip kurzfristigen ökonomischen Gewinns. Wir machen die Dinge in Europa so wie wir sie machen, weil für uns hier die Dinge immer einen viel tieferen Sinn und Nachhaltigkeit, als kurzfristig in Dollar messbar ergeben müssen. Ziel in Europa war es bisher, nicht nur eine Handvoll reicher Unternehmen noch reicher zu machen, sondern möglichst viele Unternehmen nachhaltig und langfristig zum Wohle einer unabhängigen, ausgeglichenen Gesellschaft zu erhalten. Derzeit besteht

Gefahr, dass dieses Gleichgewicht und die Unabhängigkeit in Europa kippt.

Space-News:

Wie drückt sich das aus?

Pfeiffer:

Lassen Sie mich ein Bild bemühen. Nach eben beschriebener amerikanischer Mentalität soll ein Produkt hinreichend funktionieren, nur Schäden für den unmittelbaren Nutzer müssen ausgeschlossen bleiben. Auch wir können uns sicher nicht alle der Faszination eines mächtigen V8 und dem Reiz vergleichsweise unendlichen Sitz- und Reisekomforts eines typischen US-Autos entziehen. Im Gegensatz zum Amerikaner nehmen wir es dann aber schon übel, wenn zugunsten eines schnelleren Verkauf garantierenden Preises dann unterwegs mal ein Knopf hier abfällt oder ein Schalter da nicht funktioniert. Und erst recht unakzeptabel ist für uns die Vorstellung von ressourcenvernichtenden Trinksitten und materialverschwendendem Design, was alles dann nur nachfolgenden Generationen Probleme macht. In Europa denken wir anders; Nachhaltigkeit hat für uns zwingend etwas mit Qualität zu tun. Darin sind wir gut, und darin sind wir besser als alle anderen – USA, Asien, Russland.

Space-News:

Was folgt daraus für „new space“ made in Europe?

Pfeiffer:

Wenn das so ist, sollten wir das auch zur Grundlage unseres „European way of new space“ machen. Nicht warten, bis irgendwer von irgendwo irgendeinen kommerziellen Auftrag platziert, sondern die Landschaft solcher Aufträge samt Staat, Auftraggebern, Programmen und Auftragnehmern selbst vorzeichnen.

Wenn wir als KMU politik- und öffentlichkeitswirksam dieses Feld der systematischen Suche nach vernünftigen, nachhaltigen und politisch wie wirtschaftlich höchst wünschenswerten „new space – Projekten made in Europe“ besetzen, besetzen wir damit gleich das ganze Feld „new space“ selbst und jegliche Diskussion darum. Wir stellen solide Weichen, statt blind Trittbrett zu fahren!

Space-News:

Kann das wirklich in Anbetracht der „unendlichen Möglichkeiten“ jenseits des Atlantiks funktionieren?

Pfeiffer:

Sicher kann es das, und ich bin darüber hinaus sicher, dass es seine Wirkung auf den „American way of new space“ auch nicht verfehlen wird. Nehmen Sie wieder das Bild vom Auto. Wie kommt es wohl, dass amerikanische wie auch japanische Hersteller in den letzten rund zwanzig Jahren vermehrt dazu übergehen, europäisches Design, und europäische Technik und Europäisches Umweltbewußtsein als Maßstab mitzunutzen? Das Bessere ist des Guten Feind, das wird auch bei „new space“ auf lange Sicht nicht anders sein.

Space-News:

Ist das Ihre Hauptbotschaft auf dem Marathon zur Ministerratskonferenz?

Pfeiffer:

Das und der dringende Hinweis, dass wir beim Hype um „new space“ unseren „old space“ nicht vergessen sollten, sprich: weiterhin Investition in Höchst-Technologie. Gerade wir Deutschen sind ja oftmals so eifrig dabei, neue Dinge – besonders, wenn sie aus den USA kommen – über das Bestehende zu stellen. Davor kann ich nur warnen. Bei aller Begeisterung für Neues – die liegt ja auch irgendwo in der menschlichen Natur – das zu vernachlässigen, was uns in der Raumfahrt groß gemacht hat, endet für uns im Desaster, in einer verlorenen Unabhängigkeit Deutschlands. Um abschließend noch mal den Autofahrer-Blick einzunehmen: Wenn wir mit unausgegorener Taktik, mangelnder Schnelligkeit und unzureichender (Finanz-) Kraft auf die linke Spur wechseln, um einer Chimäre nachzujagen, müssen wir uns nicht wundern, wenn uns traditionelle, staatsgetriebene Old-Space-Länder Europas und Asiens auf der Pannenspur technologisch überholen. Als Raumfahrt-KMU werden wir jedenfalls schön weiter hochinnovativ die technologische Mitte besetzen und von dort aus versuchen, flexibel mit neuen, kreativen Ideen von Anwender-KMU den „European Way of New Space“ zu leben.

Eine zweite Botschaft an die Ministerratskonferenz wäre noch: Nutzt die aktuelle Begeisterung für Raumfahrt in der Gesellschaft für Inspiration, europäischen Zusammenhalt, globale Zusammenarbeit und damit Friedenssicherung.

© ESA
© ESA
© ESA
© ESA

IAC 2018: Verstärkte Rolle von KMU in Wertschöpfungskette alternativlos


Oktober 2018

Am Public Day des weltgrößten Raumfahrtkongresses IAC dieses Jahr in Bremen lud die ESA Spitzenvertreter der Raumfahrtindustrie aus Europa, Amerika und Südafrika zur Diskussion der Frage, die voraussichtlich auch einen großen Raum bei der kommenden ESA-Ministerratstagung 2019 einnehmen wird: Welche Rolle und Größenordnung kommt idealerweise den Raumfahrt-KMU in der Wertschöpfungskette zu, und wie sind entsprechende Ziele zu erreichen?

Die ESA brachte dieses Thema vor dem konkreten Hintergrund der Tatsache auf, dass insbesondere im Bereich New Space Tendenzen der Rückkehr zu vertikalen Integrationsformen der Produktionsstufen unter einem Dach bemerkbar werden. Dies widerspricht diametral allen Positionen, die das ESA-Procurement in der jüngsten Vergangenheit verstärkt zugunsten der Schaffung einer soliden KMU-Basis eingenommen hat.

Entsprechend betonte Dr. Ernst K. Pfeiffer, CEO von HPS GmbH und Sprecher des deutschen KMU-Verbundes die große Bedeutung der administrativen Schritte, die die ESA insbesondere zuletzt zur Förderung der Rolle von KMU in der Wertschöpfungskette bei Raumfahrtprojekten unternommen hat. KMU, so Pfeiffer, sind kein Selbstzweck, sondern dank ihrer Flexibilität, Innovationsstärke und Geschwindigkeit in der Umsetzung eine ganz wesentliche Stütze auch der Wirtschaftlichkeit von LSI im Rahmen von Großprojekten, für die sie den Hauptauftrag halten.

Und für die institutionellen Auftraggeber selbst bedeutet die Förderung von KMU nichts anderes als die Pflege eines maximal möglichen Niveaus von Wettbewerb als eherner Stütze jeglicher Wirtschaftlichkeit von Großprojekten, denn letztlich findet Wettbewerb in der Raumfahrt vor allem, wenn nicht gar fast ausschließlich, auf der Ebene der KMU statt.

Deren sichtbare Einbindung ist damit allein schon der Ausweis einer ökonomisch ausgewogenen Projektführung durch den Auftraggeber wie auch dessen Hauptauftragnehmer. Daran, so waren sich die meisten Teilnehmer einig, werde gerade auch New Space nichts ändern. Im Gegenteil: je stärker die Tendenzen zur Kommerzialisierung, desto größer der Bedarf an einer wettbewerbsfähigen und weithin sichtbaren KMU-Landschaft. Sie zu fördern, ist konsequenterweise eine Hauptleitlinie der Procurement-Politik der ESA und als solche alternativlos.

KMU-Konsortium weist Weg zu europäischer Unabhängigkeit bei kritischer Raumfahrttechnologie


Mai 2019

Mittelstand um HPS gewinnt auch entscheidende zweite Ausschreibung

Das europäische Konsortium aus 17 vornehmlich mittelständischen Partnern aus sechs Ländern hat unter Führung von HPS GmbH, München, nun im April 2019 auch den ESA-Vertrag zur Entwicklung von LEOB, des „großen entfaltbaren Antennenreflektors für Erdbeobachtung“ gewonnen, ausgeschrieben vom ESA-Direktorat für Erdbeobachtung. Die KMU-Gruppe mit einem deutschen Arbeitsanteil von 80% (darunter auch Münchner Firma LSS als einer der Hauptunterauftragnehmer) setzte sich damit gegen starke Konkurrenz aus Italien, Spanien und England durch und ist hierbei für die nächsten 10 Jahre in Europa an der Spitze.

Bereits Ende 2017 hatte sie die EU-Ausschreibung „LEA“ aus dem Horizon 2020-Programm für die Entwicklung eines 5 Meter großen, flugtauglichen Modells gewonnen. Dotiert sind beide Verträge mit je 5 Millionen Euro, zusammen mit 2,5 Millionen Eigenbetrag stehen dem KMU-Konsortium nun 12,5 Millionen für dreieinhalb Jahre zur Verfügung. Damit kann 2021 ein Ingenieurmodell als Grundlage für Flughardware präsentiert werden, welches zwei potentielle Kopernikus-Missionen bedienen kann: CIMR (Beobachtung der Entwicklung der Eismeere, der Wassertemperaturen und des damit zusammenhängenden Wetters) mit einem 7-8m Reflektor für L- bis Ka-band, welcher zudem mit zehn Umdrehungen auf der Spitze des Satelliten rotiert, und ROSE-L (Beobachtung der Vegetation und Bodenfeuchtigkeit sowie Verbesserung der Nahrungssicherheit, „Precision Farming“ und Überwachung des Schiffverkehrs „Maritime Surveillance“) mit 12 Metern Durchmesser für L-band.

Grundlage des für Deutschland erneuten und nunmehr für die Zukunft dieser kritischen Technologie in Europa entscheidenden Erfolgs sind Entwicklungsschritte im Zusammenhang mit ESA-Technologieprogrammen.

„LEOB“ wird enorme technologische und strategische Auswirkungen haben:

  • Nach LEA ist es der entscheidende zweite Schritt zur Herstellung europäischer Unabhängigkeit bei einer höchst kritischen Technologie von Zulieferungen und vom Wohlwollen amerikanischer Unternehmen und vermeidet zudem den Abfluss deutscher und europäischer Steuergelder zum Weltmarktführer in die USA.
  • Anwendungen von Erdbeobachtung über Telekommunikation (einschließlich „Big Data“, „Internet of Things“) bis hin zu sicherheitspolitisch relevanten Infrastrukturen im All werden nachhaltig und zu konkurrenzfähigen Konditionen in Europa realisierbar.
  • Es ist der Beleg dass mit entsprechendem politischen Rückhalt sich das große Potential des deutschen Raumfahrt-Mittelstandes entfalten kann, sowohl als Initiator für Innovationen als auch als „Jobmaschine“
  • Es ermöglicht, Raumfahrttechnologie „Made in Germany“ auch Kunden aus nicht-europäischen Ländern und Regionen anzubieten.
  • Die diesjährigen deutschen Zeichnungen bei Kopernikus und den Technologieprogrammen der ESA, insbesondere ARTES und GSTP, werden zeigen, wie viel dies der Bundesregierung wert ist.

Freitag


Juni 2019

Aus dem Tagebuch des Bundestagsabgeordneten Dr. Thomas Sattelberger (FDP)

Flug nach München. Gemeinsamer Termin mit meinem Parteifreund Wolfgang Heubisch MdL, Bayerischer Wissenschaftsminister a.D., heute Landtagsvizepräsident und forschungspolitischer Sprecher der FDP im Bayerischen Landtag.
Mit dabei Maria Herrmann, Büroleiterin meines Berliner Fraktionskollegen Mario Brandenburg. Wir besuchen Raumfahrtmacherinnen und -macher im Münchner Süden, die HPS GmbH. Für mich bereits der zweite Besuch.

Am 20. Juli vor 50 Jahren wurde John F. Kennedys Vision „We choose to go to the Moon” Wirklichkeit.
Dazu planen wir was. Was? Sage ich nicht. Könnte ja auch sein, dass wir ob der Berliner Arbeitslast vorher in die Knie gehen.

Bei der HPS GmbH im Münchner Süden. „Aus mir wäre auch ein sehr guter Astronaut geworden.”

Pressemitteilung


Juli 2019

Geschäftsführender Gesellschafter von HPS, Ernst K. Pfeiffer, Mitveranstalter von „What`s next in space“ im bayrischen Landtag

Inhalt der Veranstaltung war die Diskussion eines neuen Kurses für die deutsche Raumfahrt mit abschließender Präsentation von 7 Forderungen an die bayrische Landesregierung und die Bundesregierung.

Pressemitteilung

50 Jahre nach der Mondlandung: Wie sind Deutschland und Bayern aufgestellt bei der Zukunftstechnologie Raumfahrt? Wo liegen die größten Chancen? Wo besteht Handlungsbedarf? Wo muss die Politik mit Hand anlegen und unterstützen?

Veranstalter:

  • h. c. Thomas Sattelberger MdB, Sprecher für Innovation, Bildung und Forschung der FDP-Bundestagsfraktion, Wahlkreis München-Süd
  • Wolfgang Heubisch MdL, Vizepräsident des Bayrischen Landtags, Bayrischer Staatsminister a.D. für Wissenschaft, Forschung und Kunst
  • Dr. Ernst Messerschmid, deutscher Physiker und Astronaut (1985)
  • Ing. Ernst K. Pfeiffer, Vorsitzender des Verbands mittelständischer Raumfahrtunternehmen „Best of Space“