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EUCLID: ESA-Projekt zur Jagd auf Dunkle Materie und Energie nimmt kritische Hürde


Dezember 2017

HPS Deutschland liefert erstes Modell der zentralen Antenneneinheit

Albert Einstein soll gesagt haben, nur zwei Dinge seien unendlich: Die menschliche Dummheit und das Universum. Beim Universum sei er sich aber nicht ganz sicher, weil die Gravitation als zentrale Kraft eher den Zusammenhalt denn die Ausdehnung begünstigt. Mittlerweile sind sich die Wissenschaftler weitgehend einig, dass es in der Tat noch eine dritte und viel größere Kraft als die Gravitation geben muss, welche dieser entgegenwirkt und die unendliche Ausdehnung des Universums erst möglich macht. Demnach beherrscht ein bisher nur in theoretischen Ansätzen nachweisbares Energiefeld die Mechanismen der Ausdehnung mit einem Anteil von 68 Prozent: Dunkle Energie. Sie wirkt, so die einhellige Überzeugung, der Kontraktionskraft der Materie im All entgegen und sorgt so dafür, dass sich das Universum unendlich ausdehnt. Bislang Unsichtbares von noch größerem Ausmaß beherrscht in diesem Universum die Welt der Materie: Rund achtzig Prozent der Materie im Universum bestehen aus einem Stoff, den bisher noch niemand gesehen hat – aus Dunkler Materie. Insgesamt soll sie knapp 27 Prozent der Energiedichte im Weltall ausmachen, während die baryonische Materie, aus der alles uns Bekannte besteht, nur fünf Prozent beisteuert.

Beiden Phänomenen auf den Grund zu gehen, ist das Ziel des Weltraumteleskops EUCLID der europäischen Raumfahrtagentur ESA.

ThalesAleniaSpace Italien (TAS-I) wurde am 27. Juni 2013 als Hauptauftragnehmer für Euclid ausgewählt und koordiniert den Bau des Euclid Raumflugkörpers, der ab 2020 in 1,5 Millionen Kilometern von der Erde entfernt sechs Jahre lang die Sonne umkreisen und von dort Dunkle Materie von bis zu zwei Milliarden Galaxien in 3D kartieren wird.

Euclid wird zwei Instrumente verwenden. Eines arbeitet im sichtbaren und eines im nahen Infrarotbereich des Spektrums.

Euclid wird die Messergebnisse und gespeicherte telemetrische Daten im K-Band (26 GHz) über eine bewegliche Antenne mit einem Durchmesser von nur 70 cm an die Bodenstation senden. Vier Stunden pro Tag wird Euclid im K-Band senden, um maximal 850 GB zu übertragen. Telemetrie wird nicht nur im K-Band, sondern auch im X-Band übertragen, auch wird Euclid über das X-Band gesteuert.

Mit Entwurf, Analyse, Fertigung, Integration und Tests der K-Band Antennenstruktur beauftragte die TAS-I-Tochter TAS Spanien den europäischen Antennenspezialisten HPS Deutschland, ein Unternehmen mit 12-jähriger Entwicklungs- und Fertigungserfahrung auf dem Gebiet hochgenauer Antennen für Raumfluggeräte und Satelliten.

Fotos: © ESA / © HPS GmbH

Denn die Zuverlässigkeit der EUCLID-ARA (Antenna Reflector Assembly) ist eine der zentralen Erfolgsvoraussetzungen der ganzen Mission, an welcher fast eintausend Wissenschaftler von 100 Instituten in einem Konsortium aus dreizehn europäischen Ländern und den USA zusammenarbeiten. Alle Bilder beider Bordinstrumente werden allein über diese Antenne zur Erde gefunkt.

Das Antennendesign von HPS für EUCLID basiert auf dem Einsatz von spezieller, hoch-leitfähiger High-Tech Kohlefaser-Technologie (CFK), damit die Antenne leichtgewichtig, extrem genau und unempfindlich gegenüber den hohen Temperaturschwankungen sechs Jahre lang zuverlässig ihren Dienst in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung verrichten kann.

HPS hat durch eine aufwendige Verifikationskampagne den Entwurf und die Technologie ihres Reflektors untersucht. Nach Thermalzyklieren und Vibrationstest hat die Antenne die geforderte Genauigkeit eingehalten, die für die Datenübertragung nötig ist. Teils wurden die Anforderungen sogar übertroffen. Zur Verdeutlichung der Präzision: Die gerade noch zulässige Toleranz der Fertigung für Form-Abweichungen von der Soll-Geometrie liegt mit 50 µm beim Durchmessers eines menschlichen Haares. Die zulässige Ausricht-Toleranz bei Verformung durch die Temperaturgewalten des Weltraums im Bereich von -45 bis +135 Grad Celsius liegt dabei noch unter zehn Tausendstel Winkel-Grad (dies entspricht zum Beispiel der Betrachtung zweier Punkte von der Erde aus, wenn diese sich im Abstand von etwa 70 km voneinander entfernt auf der Mondoberfläche befinden).

Besonders wertvoll ist die HPS-Antennentechnologie für Satellitenmissionen zudem durch ein extrem gutes Verhältnis von Masse (4.5 kg) zu Steifigkeit (> 150 Hz Eigenfrequenz). Bereits im Mai 2017 hat HPS das erste Modell des K-Band Antenna Reflector Assembly für Tests auf höherer Integrationsebene ausgeliefert, jetzt im Dezember 2017, kam die formale Bestätigung der „STM-Acceptance“. Zwei weitere Modelle folgen in 2018, eines davon wird das Original für die Mission.

HPS ist eine der wenigen Firmen in Europa, die hochgenaue Antennenreflektoren entwickeln und liefern können. Derzeit befindet sich u.a. noch ein weiterer Reflektor mit 2,4 Metern Durchmesser für das Q/V-Band in der Fertigung, und das Qualifikationsmodell einer Ka-Band Antenne von HPS für die deutsche Heinrich Hertz Mission wurde soeben erfolgreich getestet. Das Gesamtportfolio reicht von 0,5- bis 2,5m Antennen. HPS stellt mit diesem Spezial-Knowhow den Anschluss deutscher Technik an die Weltspitze sicher.